Allgäuer Klimabürger
Claudia und Wolfgang Lau aus Martinszell - Oberdorf
Zwei "Macher" fürs Klima und die Dorfgemeinschaft
Claudia und Wolfgang Lau engagieren sich beruflich und privat für den Klimaschutz. Außerdem gehören sie zu den Gründungsmitgliedern der Interessensgemeinschaft Oberdorf-Martinszell (kurz "IG OMa"), sie sich für einen lebendigen Treffpunkt im Ort stark macht.
Im Interview erzählen Claudia und Wolfgang Lau über ihr vielfältiges Engagement und wie sie als fünfköpfige Familie Klimaschutz im Alltag leben.:
Sie gehören zu den Gründungsmitgliedern der IG Oberdorf-Martinszell. Worauf blicken Sie nun, nach 5 Jahren "IG OMa" zurück?
Vor fünf Jahren gab es in unseren Ortsteilen keine Dorfwirtschaft mehr und der letzte kleine Lebensmittelladen stand kurz vor der Schließung. Damals haben wir eine Umfrage gemacht, was sich die Bürger von ihrem Ort wünschen. Und danach haben wir damit begonnen zu überlegen, wie wir die genannten Bedürfnisse nach einem Treffpunkt, einem Cafe und einer Nahversorgung decken können. Leerstehende Flächen gab es genug. Auch der Bahnhof stand schon relativ am Anfang zur Debatte. Nach einer Hochrechnung des Kämmerers wären auf die Gemeinde bei einem Kauf der Immobilie 650.000 Euro Sanierungskosten zugekommen. Das war für die Kommune nicht zu stemmen.
Was geschah dann? Die IG OMa hatte zu Beginn nur das gemeinsame Ziel eines Orts-Treffpunkts, aber sicher kein Geld in dieser Größenordnung?
Das beschreibt die Ausgangslage ganz gut. Wir hatten aber auch die Kapazitäten der Mitglieder, viele Handwerker und viele Beziehungen zu Menschen, die uns praktisch helfen konnten. Wir haben gelernt, dass für ressourcenschonendes Bauen eines besonders hilfreich ist: Kein Geld zu haben.
"Es ist die Knappheit im Geldbeutel, die dich reich macht im Kopf" (Claudia Lau)
Heute trägt sich der Betrieb des Bahnhofs als Treffpunkt mit Stammtisch, Kleinkunstbühne, Sonntagscafe, Bistrobetrieb, Markttag, Dorfgemeinschaftsbackhaus und kleiner Werkstatt selbst. Natürlich funktioniert das nur aufgrund der ehrenamtlichen Arbeit der mittlerweile über 200 Vereinsmitglieder. Wir haben aber auch gelernt, dass eine aufwändige Sanierung so nicht möglich ist. Bestandssicherung ist für eine Gruppe Menschen viel weniger motivierend, als etwas Neues zu schaffen.
Im Interview erzählen Claudia und Wolfgang Lau über ihr vielfältiges Engagement und wie sie als fünfköpfige Familie Klimaschutz im Alltag leben.:
Sie gehören zu den Gründungsmitgliedern der IG Oberdorf-Martinszell. Worauf blicken Sie nun, nach 5 Jahren "IG OMa" zurück?
Vor fünf Jahren gab es in unseren Ortsteilen keine Dorfwirtschaft mehr und der letzte kleine Lebensmittelladen stand kurz vor der Schließung. Damals haben wir eine Umfrage gemacht, was sich die Bürger von ihrem Ort wünschen. Und danach haben wir damit begonnen zu überlegen, wie wir die genannten Bedürfnisse nach einem Treffpunkt, einem Cafe und einer Nahversorgung decken können. Leerstehende Flächen gab es genug. Auch der Bahnhof stand schon relativ am Anfang zur Debatte. Nach einer Hochrechnung des Kämmerers wären auf die Gemeinde bei einem Kauf der Immobilie 650.000 Euro Sanierungskosten zugekommen. Das war für die Kommune nicht zu stemmen.
Was geschah dann? Die IG OMa hatte zu Beginn nur das gemeinsame Ziel eines Orts-Treffpunkts, aber sicher kein Geld in dieser Größenordnung?
Das beschreibt die Ausgangslage ganz gut. Wir hatten aber auch die Kapazitäten der Mitglieder, viele Handwerker und viele Beziehungen zu Menschen, die uns praktisch helfen konnten. Wir haben gelernt, dass für ressourcenschonendes Bauen eines besonders hilfreich ist: Kein Geld zu haben.
"Es ist die Knappheit im Geldbeutel, die dich reich macht im Kopf" (Claudia Lau)
Heute trägt sich der Betrieb des Bahnhofs als Treffpunkt mit Stammtisch, Kleinkunstbühne, Sonntagscafe, Bistrobetrieb, Markttag, Dorfgemeinschaftsbackhaus und kleiner Werkstatt selbst. Natürlich funktioniert das nur aufgrund der ehrenamtlichen Arbeit der mittlerweile über 200 Vereinsmitglieder. Wir haben aber auch gelernt, dass eine aufwändige Sanierung so nicht möglich ist. Bestandssicherung ist für eine Gruppe Menschen viel weniger motivierend, als etwas Neues zu schaffen.
Familie Lau privat
Bahnhofsgebäude in Martinszell: ein alter Bahnhof als neuer Treffpunkt
Familie Lau privat
So gemütlich sitzt man nun im Bahnhof Martinszell - dank der IG OMa
Familie Lau privat
Wolfgang und Claudia Lau
Unsere Vision für eine klimafreundliche Gesellschaft:
Wolfgang Lau: In 30 Jahren kann sich jedes neue Haus selbst versorgen. Es hat eine große Zisterne vielleicht mit Wasseraufbereitung und ist natürlich energieautark. Das Maximum an Wohnfläche ist heute schon erreicht und geht bis dahin wieder zurück. Generationenübergreifende Wohnkonzepte werden sich weiter verbreiten, da sie einfach sinnvoll sind. Der Individualverkehr wird sich schon vorher komplett verändern. Ich kann nicht sagen, wie unsere Mobilität dann aussieht, aber wir müssen die Ideen der Jugend zulassen.
Claudia Lau: Ja, je älter wir werden, desto mehr wird es unsere vordringliche Aufgabe sein, den Jungen bei den notwendigen Veränderungen für die Zukunft nicht im Weg zu stehen.
Wolfgang Lau: In 30 Jahren kann sich jedes neue Haus selbst versorgen. Es hat eine große Zisterne vielleicht mit Wasseraufbereitung und ist natürlich energieautark. Das Maximum an Wohnfläche ist heute schon erreicht und geht bis dahin wieder zurück. Generationenübergreifende Wohnkonzepte werden sich weiter verbreiten, da sie einfach sinnvoll sind. Der Individualverkehr wird sich schon vorher komplett verändern. Ich kann nicht sagen, wie unsere Mobilität dann aussieht, aber wir müssen die Ideen der Jugend zulassen.
Claudia Lau: Ja, je älter wir werden, desto mehr wird es unsere vordringliche Aufgabe sein, den Jungen bei den notwendigen Veränderungen für die Zukunft nicht im Weg zu stehen.
Die IG OMa hätte sogar die Möglichkeit gehabt LEADER-Fördermittel für den Umbau des Bahnhofs zu erhalten, hat dies aber schließlich abgelehnt. Warum genau?
Mit dem Geld wären auch Vorgaben verbunden gewesen. Insbesondere ein terminierter Zeitplan, der uns ehrenamtlich überfordert hätte. Außerdem wäre es dadurch viel schwieriger gewesen, Ressourcenschonend zu arbeiten. Unser Material wird ganz überwiegend zum zweiten Mal verwendet. Die Dielen stammen aus einem abgerissenen Bauernhof. Die Kühltheke haben wir vom Sporthaus Böck bekommen, weitere Möbel und Kücheneinrichtung aus einer aufgelösten Bäckerei in Buchenberg - im Tausch für die Unterstützung bei Auflösung der Bäckerei.
Was bräuchte es, um eine IG OMa anderswo ins Leben zu rufen?
Eine Handvoll Menschen genügt. Jeder und jede macht für sich selbst mit, weil es uns Spaß macht. Diese Leute gibt es fast überall! Hilfreich ist für den Start sicher, gemeinsam andere Projekte anzuschauen, zum Beispiel die Alte Post, Kimratshofen oder den Gasthof Hirsch, Vorderburg.
Mit dem Geld wären auch Vorgaben verbunden gewesen. Insbesondere ein terminierter Zeitplan, der uns ehrenamtlich überfordert hätte. Außerdem wäre es dadurch viel schwieriger gewesen, Ressourcenschonend zu arbeiten. Unser Material wird ganz überwiegend zum zweiten Mal verwendet. Die Dielen stammen aus einem abgerissenen Bauernhof. Die Kühltheke haben wir vom Sporthaus Böck bekommen, weitere Möbel und Kücheneinrichtung aus einer aufgelösten Bäckerei in Buchenberg - im Tausch für die Unterstützung bei Auflösung der Bäckerei.
Was bräuchte es, um eine IG OMa anderswo ins Leben zu rufen?
Eine Handvoll Menschen genügt. Jeder und jede macht für sich selbst mit, weil es uns Spaß macht. Diese Leute gibt es fast überall! Hilfreich ist für den Start sicher, gemeinsam andere Projekte anzuschauen, zum Beispiel die Alte Post, Kimratshofen oder den Gasthof Hirsch, Vorderburg.
Familie Lau privat
Viel Platz für Veranstaltungen aller Art bietet der insektenfreundlich gestaltete Bahnhofsgarten der IG OMa. Angrenzend ans 2015 eröffnete Dorfbackhaus entsteht derzeit ein weiterer Küchen- und Lagerraum, um künftig noch mehr Angebote unter freiem Himmel machen zu können.
Familie Lau privat
Ja, als Eltern von drei Kindern ist uns Nachhaltigkeit schon lange ein großes Anliegen. Als wir vor über 15 Jahren ein altes Haus im eigenen Dorf gekauft haben, haben wir vor allem in die energetische Sanierung investiert. Wir haben die Fassaden gedämmt, Fenster erneuert, die alte Öl- gegen eine Pellets- und Solarthermieheizung ausgetauscht. Im Garten verbrauchen wir kein kostbares Trinkwasser, sondern haben zwei große Zisternen vergraben. Auf Haus- und Garagendach sind PV-Anlagen installiert, im Keller steht ein Batteriespeicher.
Nur die Küche ist immer noch die alte. Leider. Dafür haben wir kürzlich den Geschäftswagen meines Mannes (ein Dieselfahrzeug der Mittelklasse) gegen ein kleines Elektroauto ausgetauscht, das wir allerdings privat anschaffen mussten, weil die Firma noch keine Leasing-Verträge für batteriebetriebene Fahrzeuge anbietet.
Mit diesem Wagen erleben wir eine ganz neue und viel bewusstere Art der Mobilität. Fahren mit Blick auf möglichst hohe Energieeffizienz macht uns und den Kindern genauso viel Spaß wie Tanken mit Sonnenstrom aus der eigenen PV-Anlage. Jeder von uns hat eine App auf dem Handy, die ihm genau sagt, wann mehr Strom aus der Anlage kommt, als wir selbst verbrauchen. Dann wird sofort das Auto angeschlossen…
Hatten Sie ein persönliches Erlebnis, dass Sie zu so überzeugten Klimaschützern gemacht hat?
Frau Lau: Ich erinnere mich noch gut an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Damals habe ich gerade Abitur gemacht und das erste Mal eine deutliche Ahnung davon bekommen, dass wir für unseren Planeten verantwortlich sind. Der Gedanke hat mich nie mehr los gelassen. Den jüngsten Impuls gab mir letztes Jahr der Vortrag von Hans Josef Fell beim Energietag auf der Allgäuer Festwoche. Da habe ich für mich mitgenommen: 'Wir haben nicht nur die Verantwortung, sondern auch die Chance die Welt zu retten'.
Das Oberallgäu hat sich mit dem Masterplan 100% Klimaschutz das Ziel gesetzt, bis zum 2050 nahezu klimaneutral zu werden. Das gelingt nur, wenn ganz viele Leute ihren persönlichen Beitrag dazu leisten. Haben Sie leicht umzusetzende Tipps für eine klimaschonende Lebensweise, die Sie auch selbst praktizieren?
Viele kleinere Dinge haben wir ausprobiert, denn Ausprobieren macht Spaß - Klimaschutz funktioniert nicht als Belehrung.
Unsere Waschmaschine zum Beispiel hat einen Warmwasser-Anschluss und wartet immer befüllt auf den nächsten Sonnenschein für Strom und Warmwasser.
Seife statt Shampoo in Einwegverpackung hat sich allerdings nur bei den männlichen Familienmitgliedern durchgesetzt.
Im Sommer sind wir mit der ganzen Familie den Heilbronner Weg gegangen – und das Auto blieb zuhause. Stattdessen sind wir von unserem Bahnhof aus mit Bahn und Bus gereist - das war super!
Unsere Töchter sind jetzt 18, unser Sohn 20 und handgemachte Weihnachtsgeschenke sind noch immer ganz normal. Im vergangenen Jahr zum Beispiel haben uns die Mädchen unterschiedlich große Taschen für den verpackungsfreien Einkauf genäht.
Familie Lau privat
In ihr Wohnhaus in Oberdorf hat die fünfköpfige Familie Lau seit 2003 viel Geld und Arbeit in energieeffizienzsteigernde Maßnahmen investiert. Die 3kW-PV-Anlage auf dem Hausdach speist derzeit noch ins öffentliche Netz ein, mittels der Module (4,6 kW) auf dem Garagendach betankt die Familie ihr kleines Elektro-Auto und versorgt den eigenen Haushalt mit eigenem Sonnen-Strom. Unterstützt wird sie dabei von einem 6 kW-Batteriespeicher im Keller.
Familie Lau privat
Blick in den Garten der Familie Lau. Mit Hilfe von Staudengärtner Felix Schmitt aus Immenstadt hat die Familie in den letzten Jahren die rund 800 Quadratmeter Grund ums eigene Haus ganz bewusst naturnah und insektenfreundlich gestaltet.